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Lesetipps im Januar/ Februar 2023

Bonnie Garmus, Eine Frage der Chemie

 

Roman, Pieper Verlag, 2022
464 Seiten

Elizabeth Zott ist eine Frau mit dem unverkennbaren Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider und treten Gartenvereinen bei. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Außer Calvin Evans, dem einsamen, brillanten Nobelpreiskandidaten, der sich ausgerechnet in Elizabeths Verstand verliebt. Aber auch 1961 geht das Leben eigene Wege. Und so findet sich eine alleinerziehende Elizabeth Zott bald in der TV-Show »Essen um sechs« wieder. Doch für sie ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände ...

Eine Feministin im Jahr 1962.

Während des Lesens musste ich oft an meine Mutter denken, die, wie viele Frauen in dieser Zeit absolut unterschätzt wurde. Zumindest meiner Meinung nach. Die Männer hatten das „Sagen“. Und die Frauen damals haben meist klaglos hingenommen, so behandelt und oft einfach übergangen zu werden. Kannten sie es doch nicht anders.

Für mich und für uns heute unvorstellbar.

Deshalb habe ich die Geschichte von Bonnie Garmus auch so sehr genossen. Elisabeth Zott ist eine Frau, die einfach nicht anders kann, als sie selbst zu sein. Ein eigenwilliger Charakter. Eine intelligente, gebildete und selbstbewusste Chemikerin. Und auch ein bisschen skurril. Ich finde gerade diese Mischung macht sie mir so unglaublich sympathisch.

Auch die anderen Figuren im Buch fand ich sehr gut gezeichnet. Elisabeth‘ Tochter Mad, die Nachbarin Harriet und sogar ihren Hund mit Namen „Halbsieben“ habe ich sofort liebgewonnen. Manchmal sind die Figuren etwas überzeichnet, aber dadurch konnte ich beim Lesen mal lachen, mal weinen, mal mitfühlen und mal mit empört sein.

Von mir eine klare Leseempfehlung

 

Karin Westerheide

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Andreas Eschbach, Freiheitsgeld

 

Roman, Lübbe Verlag, 2022
526 Seiten

Die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen gibt es schon lange.
Andreas Eschbach entführt uns in die Zukunft, in der es das bereits seit 30 Jahren unter dem Namen Freiheitsgeld gibt. Jeder kann sich entsprechend verwirklichen, ohne Angst zu haben, bei Verlust seines Arbeitsplatzes seine Existenzgrundlage zu verlieren. Ja, trotzdem wollen viele weiterhin arbeiten. Nicht nur als Künstler, der sich „verwirklicht“, sondern in ganz herkömmlichen Jobs. Die Wertigkeit der Arbeit hat sich umgekehrt. Wer in der Pflege arbeitet, verdient besonders gut. Klingt doch alles ganz toll, oder?

Es gibt aber auch die Kehrseite der Medaille. Es gibt gar nicht mehr so viele Arbeitsplätze, weil die meiste Arbeit durch Roboter verrichtet wird. Wo kommt dann eigentlich das ganze Geld für die Auszahlung des Freiheitsgeldes her?


Wir können die Protagonisten des Thrillers durch ihren Alltag in der Zukunft begleiten und nebenbei ist es natürlich noch ein Krimi, bei dem es um die Aufklärung einiger Todesfälle geht. Als Thriller durchaus spannend geschrieben. Schon das alleine ist das Lesen wert.
Die Anregung zum Denken über das bedingungslose Grundeinkommen ist ein netter Nebeneffekt. Welche Gesellschaft wird sich ausbilden? Wer wird das System für sich selber auf welche Art und Weise umsetzen? Überwiegen die Vorteile die Nachteile? Sind alle Gewinner oder gibt es auch Verlierer? Lesen sie selbst. Mir hat es Spaß gemacht und ich habe die gut 500 Seiten in kurzer Zeit gelesen.

 


Ralf Westerheide

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Clare Pooley, Montags bei Monica

Roman, Goldmann Verlag, 2021
430 Seiten.

Mein zweites Buch von Clare Pooley hat mich, wie auch „Das Wunder von Bahnsteig 5“ sofort in die Geschichte eintauchen, und mit all den Protagonisten mitleben lassen.

Die Geschichte spielt in London, rund um ein Café, in dem sich 6 fremde Menschen, dank eines kleinen Grünen Büchleins mit dem Titel „Projekt Aufrichtigkeit“ und einem Zeichenkurs zusammenfinden.

Das grüne Büchlein beginnt seine Reise in Monicas Café, wo es mit Absicht hinterlassen wird und von dort aus durch die Hände unserer 6 Protagonisten geht. Für jeden sind die „Aufrichtigkeiten“ der vorherigen Schreiber, ein Anlass, einmal mit sich selbst aufrichtig zu sein.

Das führt natürlich zu witzigen, traurigen, berührenden und skurrilen Situationen. Denn genau, wie jeder der Charaktere „besonders“ ist, so sind auch deren Wünsche ganz unterschiedlich und besonders.

Mich hat der Roman inspiriert. Schon während des Lesens, habe ich mich gefragt, wie es denn wäre, so ein „Projekt Aufrichtigkeit“ selbst einmal zu starten, oder daran teilzunehmen. Ich glaube, wir würden manche unserer Mitmenschen in einem anderen Licht betrachten.

Aber so ganz traut man sich ja dann doch nicht. Deshalb empfehle ich erst mal nur das Buch mit der Hoffnung, es möge anderen genauso wohltun wie mir.

 

Karin Westerheide

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